Mittwoch, Juli 16

One Way Ticket - einmal ganz tief runter, bitte.

Dass ich auf dem Hamburger Kiez wohne dürfte hinlänglich bekannt sein. Dass ich dort arbeite ebenso. Dass mich Männer mitten auf der Strasse zu ungewöhnlichen Uhrzeiten ansprechen und mir Geld für ne Nummer im nahegelegenem Hotel bieten, ist auch mir neu. Ob 17 oder 7 Uhr, die Männer drehen durch. Gerade vor wenigen Tagen hat ein abwertendes Individuum mit 3000 Euro in kleinen Scheinen vor mir rumgewedelt, als ich genervt sagte, dass er sich mich garnicht leisten könne. Und anstatt mein anschliessendes Nein zu akzeptieren, stalked er mir bis vor meine Haustür hinterher und redet auf mich ein. Nur einen kleinen Blowjob, auch gerne in meinem Treppenhaus! Jetzt habe ich mir einen 2m großen, durchtrainierten und niemals lächelnden Türsteher vom Docks gepachtet. Er spielt meinen Freund und darf dafür gratis andere Leute bedrohen. Wenn er mich morgens von der Arbeit abholt fühle ich mich die 90m bis zu mir nach Hause sehr sicher. Ziemlich extrem sich einen falschen Freund zuzulegen, für 90m Heimweg, mhmh..

Abgesehen von meinen neuen Kiezerfahrungen stecke ich gerade in einem Betriebswechsel. Dieser fordert mir einiges ab. 10-12 Std pro Tag sind Normalität, zumal Can nun einen Monat in die Türkei fährt und Eva aller Vorraussicht gekündigt wird. Donnerstag bis Sonntag arbeite ich von 20 Uhr bis 06 Uhr, versuche meine 4 türkischen (männlichen) Kollegen etwas aufzulockern. Bisher klappt es ganz gut. Hidir, gesprochen Hdr, wird von mir nurnoch Ali Baba gerufen. Yusuf heisst Hadschi. Und Mehmet, der Mann der niemals lächelt, erbarmt sich schon dazu, nicht nur türkisch zu reden, sondern mich auch auf deutsch anzuschreien. Finde ich übrigens extrem süß. Also wenn ich auf türkisch angeschriehen werde. Ich antworte immer mit Yallah Yallah! Hab ich mal im Fernsehen gesehen. Schreien Araber immer, wenn sie ihre Kamele wegscheuchen. Meisst lachen die Jungs dann laut und werfen sich aufrichtig humorvolle Blicke zu. Das widerum erheitert dann mich. Und ich vergesse, dass ich eben noch auf türkisch für meine Geburt verflucht wurde.
Ein sehr peinliches Erlebnis war auch die Ansage von meinem türkischem Chef gestern abend. Istn cooler Typ. Besprechung im Büro. Mir wurde vorher schon entwarnend gesagt, dass ich gleich der Sündenbock sein werde. Puh, nur der Sündenbock. Wie entspannend. Der Plan war aber wohl folgender: Evas Fehler und Fehlverhalten sollte abgemahnt werden. Da sie aber zu übertriebener Labilität neigt und Springbrunnen aus ihren Tränensäcken schiessen, sobald man sie kritisiert, wollte man einen indirekten Weg gehen. Plan ging nicht so ganz auf. Obwohl unser Chef das komplette Gespräch über nur mir in die Augen sah, bis ich selbst schon fast dachte "ok, wenn er weiter so eindringlich auf mich einredet, fang ich gleich an zu flennen", hat sie sofort den Braten gerochen. Verdammt, sie sieht dümmer aus als sie ist. Naja, irgendwann fingen die Diskussionen an. Fehler. Niemals mit Chef diskutieren. Ich hab einfach auf den Boden geguckt und versucht die Steckdosen zu zählen, welche sie ungekonnt unterm Schreibtisch verstecken. Und dann hörte ich plötzlich folgenden Satz: "Ja, aber Eva, verarsch mich doch nicht, ich guck mir doch immer die Videobänder an!" Videobänder. Videokameras. Verdammt, ich wusste, dass welche über den Kassen und überm Eingang hängen, aber dass er 17 (!) Kameras im Laden versteckt hält, war mir neu. Und dann kam sie schon, die Röte in meinem Gesicht, vor Scham und weil ich wusste, was er gesehen haben muss. Und nein, nicht dass wir es unausgesprochen lassen, wir erwähnen es besser nochmal vor Eva, damit ich als kompletter Idiot dastehe. Vorbildlich: "Na, Nina steht auch immer hinterm Tresen und wackelt mitm Arsch zur Musik, ist schön anzusehen und das wichtigste: sie zeigt, dass sie Spaß am arbeiten hat und vermittelt das auch unseren Kunden!" Okay. Das ist erniedrigend. Bisher fühlte ich mich immer unbeobachtet bei meinen unsexy Tanzeinlagen. Mitm Arsch zum Tresen und Regale auffüllen. Mach ich nichtmehr. Also Arschwackeln. Jetzt weiss ich, dass ich beobachtet werde. Und dass man es "nett anzuschauen" findet. Uncool. Jetzt denkt Eva ich hätte den Arschwackelbonus. Und während mein Chef schon wieder von Respektlosigkeiten gegenüber Kollegen redet, frage ich mich: Sieht mein Arsch dann fett aus wenn ich die weisse Hose trage. Weiss macht immer Fett. Und dann noch durch so kleine, versteckte Kameras. Hat die Frau meines Chefs die Bänder auch gesehen? Oh Gott, der Sicherheitsdienst hat auch uneingeschränkten Zugriff auf die Bänder. Ich fühle mich schlagartig wie Bridget Jones auf der Feuerwehrstange. Ich versuche die Vorstellung meines fetten Arsches in Großaufnahme zu verdrängen und möchte nach Hause. Nachdem Eva schon die Fontäne losgelassen hat, möchte ich lieber zuhause weinen. Mit einer Flasche Wein. Und Süßigkeiten. Und einem alten Kitschfilm. Oh Gott, ich bin Bridget Jones! Oh Gott, okay, Kompromiss. Anstatt eines alten Klitschfilms gibt es "Ey man, wo ist mein Auto". Würde Bridget Jones nie angucken. Und schon ist die Welt wieder bunter.

2 Kommentare:

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